Die Gründung der Mariazeller Feuerwehr fällt in die „Gründerzeit“ der meisten österreichischen Feuerwehren überhaupt. Es war an der Zeit dem Brandschutz eine organisierte Form zu geben und ihn in die Hand von ausgebildeten Fachleuten zu legen. Der Feuerwehrgedanke war nicht mehr aufzuhalten: Im Jahre 1860 hatte es in den Ländern des heutigen Österreich ganze fünf Feuerwehren gegeben, zehn Jahre später waren es bereits 147, im Jahre 1880 schon 809; zur Jahrhundertwende sorgten schon 2677 Feuerwehren für die Sicherheit der Bürger, heute sind es gut 4.500 Feuerwehren im Bundesgebiet, die sich um den Feuer- und Katastrophenschutz kümmern. Mariazell wurde als 72. Steirische Feuerwehr am 25. Juli 1874 gegründet. Beispielsweise wurden im selben Jahr auch die Feuerwehren in Aflenz, Turnau, Gröbming, Admont und Schladming gegründet.
Die eigentliche Gründung der Mariazeller Feuerwehr begann mit einem Schreiben der Gemeindevorstehung aus dem Jahre 1874, das mitteilt, daß die stattgefundene Gemeinderats-Ausschußsitzung die Errichtung der Feuerwehr im Markte Mariazell beschlossen hat. Dazu wurde ein „Comitès“ von 10 Mitgliedern gewählt, welchem die Beratungen zur Vorbereitung der Wehrgründung übergeben wurden. Die Feuerlöschordnungen des 19.Jahrhunderts wiesen die Kompetenz für die Feuerpolizei dem selbständigen Wirkungskreis der Gemeinden zu. Die Gemeinde war auch verpflichtet, auf ihre Kosten Feuerlöschmittel zu erhalten.
Die Gründungsversammlung wurde von Bürgermeister Matthias Ritter für 25. Juli 1874 im Gasthaus zum goldenen Kreuz festgesetzt. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte das Vorbereitungskomitee schon Statuten und Dienstvorschriften erarbeitet, die man zur Beschlußfassung vorlegen konnte. Auch eine erste Wahl des Kommandanten und des Feuerwehrausschusses wurde vorgenommen. Mit 51 von 59 möglichen Stimmen wurde Markus Schlamadinger zum ersten Mariazeller Feuerwehrhauptmann gewählt. Danach wurde mit 41 von 61 Stimmen Franz Schön jun. zu seinem Stellvertreter gewählt., danach wurden die vier Riegen (Abteilungen): „Steiger und Einreisser“, „Spritzenmänner“, „Wasserzubringer“ und „Schutzmannschaft“ bestimmt und ihre Führer und deren Stellvertreter demokratisch gewählt. Die Statuten wurden beschlossen.
Diese Wahl galt allerdings bis zur Genehmigung der Statuten durch die steiermärkische Statthalterei als provisorisch. Die Feuerwehrmitglieder wurden bei dieser Versammlung angelobt.
Vom 7. August 1874 liegt uns ein Inventarium der vorhandenen „Feuerlösch-Requisiten“ vor, die der neugegründeten Feuerwehr übergeben wurden. Es enthält unter anderem: „3 Wasserzugkarren mit Wasserkübeln, 3 kleine Leitern, 1Wagen mit 4 fünfeimrigen Wasserfässern (1 Eimer = 56 l), 1 Feuerspritze Nr.1 groß mit Schläuchen, 1 Feuerspritze Nr.2 klein, 1 Tragspritze, 7 Feuerhaken, 20 neue und 12 alte Wassereimer, 1 Feuerlärmkanone, 1 Schlittenbock zur Feuerspritze, 6 gute Feuerlaternen, usw.“
Schon in einem Schreiben am 2. August 1874 bemühte sich der 1870 gegründete steir. Feuerwehr-Gauverband um den Beitritt der neuen Feuerwehr und lädt sie zum 4. Steir. Feuerwehrtag nach Marburg in der Untersteiermark ein. Die Mariazeller Feuerwehr trat nach der Anerkennung der Statuten diesem Verband bei.
In Schreiben an die Gemeinden des Bezirkes Mariazell verweist die Feuerwehr auf ihre statutenmäßige Verpflichtung im ganzen Bezirk im Lösch- und Rettungswesen hilfreich zu wirken. Die Ordnung der Feuerwehr wurde überhaupt sehr exakt und gewissenhaft geregelt. So besagt der § VI der Statuten: „Jedes in die Feuerwehr eintretende Mitglied übernimmt die Verpflichtung bei jeden innerhalb des Bezirkes Mariazell ausbrechenden Brande zu jeder Zeit unverzüglich einzurücken, und sich zu diesem Berufe einzufinden. Nur triftige Gründe können die Feuerwehrmänner von dieser Verpflichtung entheben.“
Gleichzeitig wird um eine finanzielle Hilfe gebeten. Überhaupt war die Aufbringung der finanziellen Mittel für die weitergehende Ausstattung der Feuerwehr mit modernen Geräten, Uniformen, usw. nicht einfach. Es wurde eine Spendenaktion ins Leben gerufen, wobei eine Summe von 627 Gulden und 50 Kreuzer gesammelt werden konnten. Neben vielen Spenden aus der Bevölkerung fällt das Stift St.Lambrecht mit 300 Gulden größter Spender auf.
Erwähnenswert ist der hohe Mannschaftsstand, von den 88 Mitgliedern erschienen zur ersten Sitzung 53, was bei einer Bevölkerung von ca. 1000 Personen recht beachtlich ist. Sehr großer Wert wurde von Anfang an auf eine gute Ausbildung gelegt, so besagt beispielsweise der § VII. der Statuten: „Um die richtige Ausbildung der Feuerwehrmänner zu erzielen, wird anfangs in jeder Woche eine, nach vollendeter Ausbildung aber jeden Monat, eine Übung mindestens abzuhalten, an welcher jedes Mitglied teilzunehmen verpflichtet ist. …“ So ist es auch nicht verwunderlich wenn in einem Buche über Mariazell im Jahr 1903 zu lesen steht: „Auf hoher Stufe steht das Feuerlöschwesen. Die freiwillige Feuerwehr ist glänzend organisiert, verfügt über die modernsten Geräte und erhält ihre Aktionsfähigkeit durch zahlreiche Übungen auf der höhe der Zeit. Ein eigenes Telegraphennetz verbindet den Alarmapparat im Depot mit der Wohnung jedes einzelnen Feuerwehrmannes, sodaß ein Feueralarm zu jeder Zeit ohne beunruhigende Hornsignale erfolgen kann.“ Die doch relativ frühe Gründung der Mariazeller Feuerwehr war eine sehr zukunftsweisende Tat und offensichtlich konnte sich die Feuerwehr von Anfang an, sowohl was die Ausrüstung als auch die Ausbildung betrifft, auf der Höhe der Zeit halten.